General- und Spezialprävention

account • 17. Januar 2025

General- und Spezialprävention als Allheilmittel bei Ablehnungen...

Zwei Begründungen, mit denen Richter im Grunde genommen jeden Antrag abschmettern können.

Das Strafrecht dient nicht nur der Bestrafung von Straftätern, sondern verfolgt auch präventive Ziele. Hierbei lassen sich zwei wesentliche Ansätze unterscheiden: die Generalprävention und die Spezialprävention. Beide sind fundamentale Prinzipien, die sowohl den Gesetzgeber als auch die Praxis des Strafvollzugs leiten. In diesem Artikel werden die Konzepte definiert, ihre gesetzliche Verankerung beleuchtet und die praktische Umsetzung im Strafvollzug diskutiert.


1. Generalprävention

Die Generalprävention richtet sich an die Gesamtgesellschaft und soll potenzielle Straftäter durch die Androhung und Vollstreckung von Strafen von der Begehung von Straftaten abhalten. Sie basiert auf der Annahme, dass Strafen abschreckend wirken und das Vertrauen in die Rechtsordnung stärken können.

Ziele der Generalprävention

  • Abschreckung: Die potenziellen Folgen einer Straftat sollen Personen davon abhalten, Gesetzesverstöße zu begehen.
  • Normenverstärkung: Die Durchsetzung von Strafen signalisiert, dass die Gesellschaft ihre Normen ernst nimmt.
  • Vertrauen in die Rechtsordnung: Durch die konsequente Sanktionierung von Straftätern wird das Vertrauen der Bürger in den Staat und die Rechtsordnung gestärkt.


 

Gesetzliche Verankerung

In vielen Rechtssystemen ist die Generalprävention ein wichtiger Bestandteil der Strafrechtspolitik, auch wenn sie nicht immer explizit benannt wird. Die Gesetzgebung und das Strafmaß sind oft darauf ausgelegt, eine abschreckende Wirkung auf die Allgemeinheit zu erzielen.

 Beispiel aus der Praxis

  • Harte Strafen bei Gewaltkriminalität: Um gesellschaftlich geächtete Taten wie Mord oder schwerwiegende Gewaltverbrechen zu verhindern, werden hohe Strafen angedroht.
  • Öffentliche Strafverfahren: Diese können eine verstärkte abschreckende Wirkung haben, wenn Straftäter und Strafen öffentlich thematisiert werden.



2. Spezialprävention

Im Gegensatz zur Generalprävention zielt die Spezialprävention auf den einzelnen Straftäter ab. Sie soll verhindern, dass dieser erneut straffällig wird. Hierbei spielen individuelle Faktoren wie die Persönlichkeit des Straftäters und die Umstände der Tat eine wichtige Rolle.

 

Ziele der Spezialprävention

  • Resozialisierung: Durch geeignete Maßnahmen soll der Straftäter in die Gesellschaft reintegriert werden.
  • Verhaltensänderung: Therapien und Programme im Strafvollzug sollen die Ursachen des kriminellen Verhaltens beseitigen.
  • Sicherung: Bei Gefährdung der Öffentlichkeit kann die Sicherung des Straftäters durch Haft notwendig sein.


 

Gesetzliche Verankerung

In den meisten Strafgesetzen, wie etwa in § 46 des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB) oder § 19 des österreichischen StGB, wird auf die Berücksichtigung der individuellen Schuld und der Wirkung der Strafe auf den Straftäter hingewiesen.

 

Beispiel aus der Praxis

  • Therapeutische Maßnahmen: Straftäter mit Suchtproblemen oder psychischen Erkrankungen werden gezielt behandelt.
  • Maßnahmenvollzug: In Österreich oder Deutschland erfolgt die Unterbringung psychisch kranker Straftäter in spezialisierten Einrichtungen.



3. Umsetzung im Strafvollzug

Der Strafvollzug versucht, beide Ziele gleichzeitig zu erreichen, was in der Praxis oft herausfordernd ist.

 Maßnahmen der Generalprävention im Strafvollzug

  • Strafvollzug als Abschreckung: Die Konsequenz des Freiheitsentzugs dient als Warnung für die Gesellschaft.
  • Vermittlung von Konsequenzen: Bildungs- und Aufklärungskampagnen über die Folgen von Straftaten unterstützen die Generalprävention.


 

Maßnahmen der Spezialprävention im Strafvollzug

  • Bildung und Arbeit: Programme, die Straftätern berufliche und soziale Kompetenzen vermitteln, sind essenziell.
  • Therapie und Betreuung: Insbesondere bei jugendlichen oder suchtkranken Straftätern spielen psychologische Programme eine zentrale Rolle.
  • Nachsorge: Um Rückfälligkeit zu verhindern, ist eine engmaschige Betreuung nach der Haft erforderlich.



4. Kritische Diskussion und Einwände

Die gleichzeitige Verfolgung der General- und Spezialprävention führt oft zu Spannungen. So können überlange Haftstrafen zur Abschreckung im Sinne der Generalprävention der Resozialisierung im Wege stehen. Gleichzeitig wird die Effektivität der Generalprävention in der Wissenschaft kontrovers diskutiert, da die Abschreckungswirkung von Strafen nicht eindeutig nachgewiesen ist.

 Wir haben uns insgesamt 100 Ablehnungen von Anträgen auf bedingte Entlassung der letzten paar Jahre angesehen. Dabei ist, wie schon im Artikel über die „Verhandlungsfarce“ zu beobachten, dass sowohl General- als auch Spezialprävention immer öfter als Begründungen für Ablehnungen herangezogen werden.

 Bei der Generalprävention ist ein Aspekt jedoch äußerst kritisch zu betrachten. Nämlich, in wie weit es potentielle Straftäter von einer strafbaren Handlung abhält, wenn „Josef Huber“ (oder wer auch immer) statt nach drei Jahren, schon nach nur zwei Jahren entlassen wird. In wie weit kann sichergestellt werden, dass die Öffentlichkeit – Menschen wie „Du und ich“ – davon in Kenntnis gesetzt werden, ob Josef Huber nun früher entlassen wird oder nicht? Fragt euch bitte selbst, ob ihr darüber informiert werden möchtet. Dabei geht es aber dann natürlich nicht nur um „Josef Huber“, sondern um sämtliche mögliche bedingte Entlassungen. Man müsste ein Portal einrichten auf das die gesamte Öffentlichkeit Zugriff hat um zu sehen, welche Straftäter nun entlassen werden können.

 

Abgesehen von der Frage des Datenschutzes ist das natürlich Blödsinn. Uns ist niemand bekannt, der sich auch nur im Geringsten dafür interessiert, wer nun bedingt entlassen wird und wer nicht. Dazu müssten sämtliche verhandelten Fälle durch die Meiden gehen um vielleicht ein geringes Interesse zu erwirken.

 Die Generalprävention also ein Fehler? Ja, wenn sie als Begründung für eine bedingte Entlassung herangezogen wird. Nicht allerdings im Allgemeinen. Wir haben übrigens die Generalprävention in etlichen Beschwerden gegen Ablehnungen erfolgreich mit eben dieser Begründung des „nicht öffentlichen Interesses“ bekämpft.


5. Fazit

Generalprävention und Spezialprävention sind zentrale Grundpfeiler des Strafrechts und Strafvollzugs. Während die Generalprävention auf die gesamte Gesellschaft zielt, versucht die Spezialprävention, den einzelnen Straftäter zu beeinflussen. Eine ausgewogene Balance zwischen beiden Prinzipien ist entscheidend, um die Rechtsordnung zu sichern und Straftätern eine zweite Chance zu geben. Eine stetige Evaluation und Anpassung der Maßnahmen bleibt notwendig, um den modernen Anforderungen an den Strafvollzug gerecht zu werden.


(gs)

 


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