Der medizinische Wahnsinn hinter Gittern

ms • Juli 26, 2024

Ärzte sind am Ende ihrer Ressourcen

In Österreichs Strafhäusern (z.B. Stein oder Graz - Karlau) ist man sowieso schon recht stark benachteiligt. Wenn man nun noch dazu das Problem hat ernsthaft krank zu sein und deshalb auf eine bestimmte medizinische Versorgung angewiesen zu sein, dann sitzt man richtig schön in der sprichwörtlichen Sch*****.


Da gibt es einerseits die Problematik an fehlenden Personalressourcen beim medizinischen Personal, dann die Tragik, dass nicht immer jeder Pfleger, Arzt, Schwester, Ärztin auch für das entsprechende Leiden des Patienten ein Experte ist, man hat auch noch das Problem, dass Hobbymediziner wie Justizbeame und Fachkräfte, die nichts mit dem Fach zu tun haben (z.B. Psychiater) in den Behandlungsprozess einmischen.


Uns sind mehr als 20 Fälle von Strafgefangenen bekannt, bei denen die Gesundheit im Laufe der Zeit so massiv von Seiten der Justiz geschädigt wurde, dass diese nun auf unzählige Medikamente oder sogar eine Dialyse angewiesen sind! Vorweg möchte ich betonen, dass es auch äußerst positive Ausnahmen gibt, die durch ihr Engagement versuchen dem Wahnsinn zu entkommen, immer wieder aber den Hürden der Justiz scheitern (siehe Blog Eintrag "Der Kampf eines Arztes" auf unserer Webseite).


Wir sind uns jedoch sicher, dass diese 20 Fälle nur die Spitze des Eisbergs sind! Fakt ist, dass eine Behandlung innerhalb von Gefängnismauern oft nicht über eine palliative Behandlung hinausgeht. Die Schuld liegt hier eindeutig nicht bei den Ärzten! Insassen müssen oft jahrelang darum kämpfen eine adäquate Versorgung zu erhalten, da sich verantwortliche Justizbeamte gegen eine Genehmigung aussprechen (z.B. Major R.) obwohl diese medizinisch indiziert wäre. So blieb einem Nierenkranken Insassen jahrelang nichts anderes übrig als entweder sein Essen selbst zu kaufen (mit den sehr eingeschränkten Mitteln des wöchentlichen Einkaufs) oder aber die füh ihn äußerst schädliche Standardkost zu konsumieren. Sicher, es gibt mehrere Kostarten (Normalkost, Schonkost, Vegetarisch, Schweinefleischfrei) und in herkömmlichen Fällen ist z.B. die Schonkost auch für Diabetiker geeignet. Jedoch ist es alleine schon aus logistischen Gründen nicht möglich auf die speziellen Bedürfnisse eines jeden Einzelnen einzugehen.


In solchen Fällen MUSS dem Insassen die Möglichkeit zur Selbstversorgung gewährt werden, da sonst die Gesundheit massiv geschädigt wird. Wie unsere Beispiele zeigen (Die Namen und Einzelfälle der Beispiele sind uns übrigens in allen Details bekannt) kümmert das von Seiten der Justiz niemanden. Denn z.B. die beiden Nierenkranken Insassen haben jahrelang versucht mündlich und schriftlich bei den verschiedensten Stellen (von der Anstaltsleitung über die Generaldirektion für Strafvollzug bis hin zur Volksanwaltschaft) zu intervenieren. Vergebens! Der eine Insasse wurde im Jahr 2022 nach einem Jahr Intensivbehandlung bei den Barmherzigen Brüdern in Wien haftuntauglich entlassen und ist nun dreimal pro Woche auf eine Dialyse angewiesen, dem zweiten Insassen wurde im Jahr 2023 nach sieben Jahren Kampf die Möglichkeit zur Selbstversorgung gegeben. Wenige Monate vor seiner Entlassung. Auch da ist es bereits deutlich zu spät gewesen wodurch dieser Insasse nun in Freiheit auf insgesamt 21 Medikamente pro Tag angewiesen ist.

Die anderen, uns bekannten Fälle, sind ähnlich gestrickt. Meistens wurden und werden engagierte Ärzte/Ärztinnen in ihrem Engagement von Seiten der Justiz drastisch eingeschränkt oder sogar entlassen, wie unser Blog Beitrag "Der Kampf eines Arztes" zeigt.

Ab und zu ist es aber auch einfach die fehlende Kompetenz eines Arztes, die an der gesundheitliche Verschlechterung eines Insassen Schuld trägt. So geschehen auch in der Justizanstalt Graz - Karlau, wo einem Insassen über 10 Jahre hinweg von dem zuständigen Augenarzt gesagt wurde, er würde blind werden und man kann für ihn nichts mehr tun. Wenige Monate vor seiner Entlassung wurde er durch reinen Zufall im LKH Graz untersucht wo man ihm mitteilte, dass er an einem einfachen und simplen "grauen Star" erkrankt sei, den man problemlos operativ behandeln kann. Hätte man deutlich früher reagiert, so wäre das Sehvermögen nun auch deutlich besser bei ihm.


Übrigens: Wendet sich ein Insasse vertrauensvoll an die zuständige Ärztekammer, so wird ihm mitgeteilt, dass die für die Justiz nicht zuständig sind und hierfür der/die Chefarzt/Chefärztin in der Generaldirektion für Strafvollzug zuständig ist. Jeder darf jetzt dreimal raten, auf wessen Seite ein derartiger Arzt steht.



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