Bildung als Chance

ms • Aug. 01, 2024

Auf eine erfolgreiche Resozialisierung



Bildung ist ein Grundrecht eines jeden Bürgers in Österreich. Für uns ist es vollkommen normal, dass wir uns Kurse und Schulen aussuchen können. Es hilft uns selbst uns weiterzubilden und/oder unsere Kinder auszubilden. Bildung ist für die Zukunft eines jeden Lanes enorm wichtig. Nur durch ausreichende Bildung ist es uns möglich Gefahren wie die Radikalisierung oder den mehr und mehr aufkommenden Hass gegen alles Fremde einzudämmen. Eine „gesunde“ Skepsis gegenüber Fremden mag für Viele angebracht sein. Jedoch werden wir uns nicht dagegen wehren können in Europa und weltweit in den nächsten Jahren deutlich näher zusammenzurücken. Der Klimapolitik sei Dank.


Umso mehr ist es wichtig für sämtliche Personengruppen eine ordentliche Ausbildung und/oder Fortbildung zu genießen, wenn sie das möchten. Leider gibt es auch in Österreich noch immer Gruppen, die von Bildung fast zur Gänze ausgeschlossen werden. Sei es einerseits aus purer Angst vor dem Unbekannten oder auch aus Ressourcenmangel. Die Gründe sind vielfältig warum Strafgefangene meistens nur eine äußerst mangelhafte Ausbildung bzw. Fortbildung genießen können und dürfen.


Wir werfen einen Blick auf den Strafgefangenen Christian M. aus der Justizanstalt Stein. Christian hat mittlerweile ein Alter von 60 Jahren erreicht. Bei seiner Entlassung (Datum der Endstrafe) wird er 70 sein. Ein Alter in dem man am aktiven Berufsleben eher nicht mehr teilnehmen kann. Dennoch hat Christian M. den Entschluss gefasst die Zeit, die er bis zur Entlassung noch in Haft verbringen muss, sinnvoll zu nutzen. Er hat sich nach den aktuellen Angeboten für eine Fortbildung umgesehen und sich dann hilfesuchend an uns gewendet. Es gibt nichts! Natürlich werden immer wieder – vor allem in Stein – diverse Kurse zur Fortbildung und auch Ausbildung angeboten, allerdings sind diese Kurse eher rar gesät. Die Frequenz ist deutlich niedriger als uns dies das BMJ weißmachen möchte. Eine vollständige Ausbildung wurde ihm zudem noch verwehrt. Als Begründung gab man sein fortgeschrittenes Alter an.


Das wirft bei uns die Frage auf, ob für Menschen in Haft und/oder Menschen ab einem bestimmten Alter die Grundrechte in Österreich nicht mehr gelten? Unserem Verständnis nach, hat auch ein Strafgefangener im Alter von 60 Jahren das Recht auf eine Aus- und Fortbildung. Jegliche Zuwiderhandlung ist gegen das Grundrecht.

Wir haben beim BMJ versucht eine diesbezügliche Stellungnahme zu erhalten. Leider war dort niemand bereit mit uns zu sprechen. Wahrscheinlich mag man unsere berechtigten aber teilweise äußerst unangenehmen Fragen nicht. Deshalb haben wir Christian M. geraten, das Recht auf Fortbildung einzuklagen.


Für uns stellt sich hier die Frage, ob eine derartige Vorgehensweise tatsächlich notwendig ist. Wir haben für Vieles Verständnis. Vor allem dafür, dass die Justiz im Grunde genommen ein großes, schwer zu führendes Unternehmen ist in dem es tausende Mitarbeiter und ebenso viele Chefs gibt. Jeder will Chef sein. Natürlich gibt es einen immerwährenden Ressourcenmangel. Vor allem an Bediensteten an der Front – sprich Beamte im Abteilungs- und Betriebsdienst. Vielleicht sollten einfach bei der Beförderung von Offizieren einen Schritt zurückgehen und dafür mehr an der Front einsetzen? Dadurch würde auch der Steuerzahler entlastet werden (Stichwort Major R.).

Bildung ist wichtig. Das dürfte mittlerweile jedem klar sein. Natürlich würde auch ein umfangreiches Bildungspaket für Strafgefangene nicht kostenlos sein, obwohl uns tatsächlich eine Vielzahl von Personen bekannt sind, die unterstützend als Lehrkräfte in Gefängnisse gehen würden um dort Strafgefangene zu unterreichten. Das Angebot reicht hier von herkömmlicher schulischer Bildung (beginnend mit der Volksschule bis hin zu Oberstufen) über Sprachen von Deutsch über Englisch bis hin zu Koreanisch und Russisch bis zu Fachfortbildungen im Bereich der IT und anderen wichtigen Bereichen.


Wann kapiert das BMJ endlich, dass ein Strafgefangener, der bei seiner Entlassung so gut wie nichts dazugelernt hat, wahrscheinlich bald wieder rückfällig wird? Die Möglichkeit zur Bildung ist ja sogar im Gesetz verankert. Natürlich kostet es dem Steuerzahler jetzt etwas. Vergleicht man aber die Kosten zwischen einer Ausbildung und einer mehrjährigen Haftstrafe, so wird man schnell sehen, dass Bildung vielleicht doch der bessere Weg ist. Böse Zungen behaupten ja auch, dass hinter all dem ein System steckt und die Resozialisierung gar kein wirkliches Ziel des Strafvollzugs ist. Klar, der gesamte Justizapparat und der Strafvollzug im Speziellen ist ein gigantisch großer und komplexer wirtschaftlicher Faktor. Wo werden sonst komplette Tischlerarbeiten für ein paar Euros gemacht? Wo ein KFZ Reparatur zum Preis von einem Reifenwechsel? Die Beispiele lassen sich endlos fortsetzen. Dadurch kommen wir aber in einen ganz anderen Bereich.

Zurück zur Bildung. Durch mehr Bildungsangebote während der Haft würde sich nicht nur das Rückfallsproblem zumindest reduzieren, es gäbe auch sowohl während und nach der Haft deutlich weniger Potential für Konflikte. Ein deutlich höher gebildeter Insasse wird nach der Haft wahrscheinlich bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz haben, als sein ungebildetes Pendant. Ein entlassener Strafgefangener, der Arbeit hat, hat weniger Zeit über „Dummheiten“ nachzudenken. Er verdient Geld und kann sich damit vielleicht die Dinge leisten, die er sich sonst durch kriminelle Handlungen beschaffen müsste. Während der Haft ist ein Insasse in Aus- und/oder Fortbildung auf jeden Fall ein beschäftigter Insasse. Diese Insassen bedürfen einer weit geringeren Aufmerksamkeit durch Bedienstete als Insassen, die nur sinnlos in ihren Hafträumen sitzen und über deren Leben nachdenken. Ein beschäftigter Insasse wird weniger Aggressionspotential zeigen als ein Unbeschäftigter. Damit sinkt auch deutlich das Potential für eine Radikalisierung.


Versuche haben gezeigt, dass Insassen nach deren Entlassung eine Aufgabe benötigen. Haben sie diese nicht binnen weniger Wochen, so steigt das Rückfallsrisiko drastisch an. Klar, auch ein noch nie straffällig gewordener Mensch wird ohne Arbeit und ohne Aufgabe in seinem Leben irgendwann an sich selbst zu zweifeln beginnen. Derartige Zweifel führen dann meistens zu destruktiven Gedanken, die im schlimmsten Fall zur Kriminalität oder gar dem Zweifel am Sinn des Lebens führen. Gut, das mag ein wenig drastisch klingen. Aber auch hier haben Studien gezeigt, dass Menschen ohne tatsächliche Aufgabe in ihrem Leben zunehmend verfallen. Menschen in Freiheit können sich relativ leicht eine Aufgabe suchen. Menschen in Haft nicht! In Freiheit gibt es unzählige Möglichkeiten auch ohne Arbeit eine Art Aufgabe zu haben. Sei es ob man sich nun in einem Verein engagiert (wir freuen uns übrigens über jede Mitarbeit!), ob man seine Aufgabe in karikativen Zwecken sieht oder ob man einfach den Garten, den Balkon, die Wohnung oder das Haus neu gestaltet. All diese Möglichkeiten hat ein Mensch in Haft nicht. Freizeitgruppen werden nur mehr sporadisch abgehalten, weil Beamte fehlen. Bei Sportgruppen ist es genauso. Zum Lesen fehlt Vielen einfach das Durchhaltevermögen.


Hier ist eindeutig die Justiz gefragt. Die Hoffnungen, die Viele in die Justizministerin gesetzt haben, wurde in keinem Bereich erfüllt! Für Bildung müssen deutlich mehr Ressourcen bereitgestellt werden. Was z.B. spricht dagegen Insassen den Zugang zu E-Book Readern, Podcasts oder anderen digitalen Medien zu ermöglichen? Durch E-Books würden Einige wahrscheinlich ein deutlich höheres Durchhaltevermögen beim Lesen an den Tag legen. Das ist ja auch von Menschen außerhalb der Anstalt bekannt. Nicht Viele nehmen sich die Zeit um ein Buch in Papierform in Ruhe durchzulesen. Wess es sich dabei dann noch um Bildung handelt, sinkt der Wille gegen null. Da sollen Strafgefangene, denen in dieser speziellen Situation jeglicher Durchhaltewille fehlt, anders reagieren? Wahrscheinlich nicht. Was spricht dagegen, Insassen in begrenztem Maße Zugang zu Onlinemedien wie z.B. der Wikipedia oder anderen Nachschlagewerken oder Bildungseinrichtungen zu gestatten? Unsers Wissens nach wurde der letzte IT Kurs in der JA Graz – Karlau vor etwa 10 Jahren abgehalten. Nicht nur das sich in der Zwischenzeit deutlich viel in der IT verändert hat, gibt es auch immer wieder neue Insassen. Wenn jetzt ein Insasse, der zehn oder mehr Jahre hinter Gitter verbringen musste, entlassen wird und IT mäßig auf dem Stand von vor seiner Verhaftung ist, dann wird er es nicht nur in den ersten Tagen nach der Entlassung schwer haben. Eine konsequente Fortbildung während der Haft könnte dem entgegenwirken. Das gilt natürlich nicht nur für die IT. Ein Installateur, der nach so langer Zeit entlassen wird, wird nicht mehr auf dem neuesten Stand sein.


Nun könnte man sagen, dass es immer wieder Lehrangebote und Fortbildungskurse in den Anstalten gibt. Und ja, das stimmt bis zu einem gewissen Grad auch. Selbst die Tatsache, dass in den Lehrabschlusszeugnissen nichts von der Haft oder der Anstalt steht, ist wahrscheinlich gut gemeint. Das kann jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass in sämtlichen Lehrberufen das moderne Equipment fehlt um tatsächlich eine adäquate und zeitgemäße Ausbildung zu gewährleisten.


Ohne Bildung geht gar nichts. Mein Großvater hat einmal gesagt, dass die Landwirte von vor 200 Jahren auch keine richtige Ausbildung genossen haben und dennoch sind sie über die Runden gekommen und die Welt hat sich weitergedreht. Ja, die Welt dreht sich auch ohne Bildung weiter. Aber die Frage ist wie lange sich die Welt dann noch mit der Menschheit weiterdreht? Ohne Bildung sind Viele dem (man möge mir verzeihen) saublöden Sprechdurchfall eines Trump oder ähnlichen selbsternannten Heilsbringern ausgesetzt. Von da ist es dann nicht mehr weit bis zur Bildung von „Interessentengruppen“, die einer Person blind folgen, sich vielleicht noch gleich kleiden und einen gleichen Gruß haben. Auch das mag übertrieben dargestellt sein. Die fehlende Bildung bei ein paar Strafgefangenen führt nicht unmittelbar zwangsläufig zur Machtübernahme irgendwelcher sinistren Gruppierungen. Aber ich denke, man weiß worauf ich hinauswill.

Fazit: Bildung kostet Geld. Steuergeld. Das ist schon außerhalb de Gefängnismauern ein außerordentlich unbeliebtes Thema. Dennoch sollte jedem klar sein, dass nur durch ausreichende Bildung straffällig gewordene Menschen nach ihrer Entlassung wahrscheinlich mehr von kriminellen Handlungen abgehalten werden. Eine Gesellschaft mit mehr Bildung – egal ob bei Strafgefangenen oder auch „08/15“ Bürger – ist eine Gesellschaft, die funktioniert und sich wahrscheinlich gegen sinistre und destruktive Einflüsse schützen und behaupten kann. Vielleicht sollte man Geld, das sonst in vollkommen unnötige Dinge wie z.B. das Gendern in weiblicher Form eines Gesetzestextes verwendet wird, für Dinge wie Bildung oder auch die Medizin ausgeben. Unsere Kinder werden es uns möglicherweise danken. Und selbst wenn nicht, alleine die Chance auf eine deutlich besser gebildete Zukunft, ist es Wert alles zu versuchen.




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