Ein homosexueller Insasse der Justizanstalt Graz – Karlau wird von seinen Mitgefangenen und teilweise auch den Beamten gemobbt, in dem er zu Aktivitäten gezwungen wird, die gegen jegliche Menschenwürde sind. Dazu passend eine Insassin, ursprünglich aus der Justizanstalt Krems, nun in der Schwarzau ist täglichen Repressalien von Seiten der anderen Insassinnen und Bediensteten ausgesetzt.
Nur zwei Beispiele, die NICHT aus dem Jahr 1980 stammen, sondern von Oktober 2024. Wir betreten hier einen Bereich, nicht ungefährlich und hochbrisant ist. Wir sind auf diesem Gebiet alle keine Experten und verlassen uns auf Berichte Betroffener. Sollten wir durch eine hier erwähnte Äußerung eine oder mehrere Personen in ihrem Ehrgefühl verletzen, so bitten wir um Entschuldigung. Das ist auf keinen Fall unsere Intention. Wir treten für die Gleichheit und Gleichbehandlung aller Menschen sowie deren Menschenrechte ein.
Aus aktuellem Anlass dreier Fälle in den Justizanstalten Graz – karlau, Sein und der Schwarzau haben wir uns die Situation wie sie sich für Angehörige der LGBTQ+ Community darstellt, näher angesehen. Dabei haben wir einerseits Überraschendes und andererseits auch erschreckendes feststellen müssen.
Eines gleich vorweg. Es gibt weder in Österreich noch Deutschland und auch sonst keinem europäischen Land aussagekräftige Zahlen über die Angehörigen der LGBTQ+ Community. Genauso wenig gibt es verlässliche Zahlen über Straftaten von oder gegen diesen Personenkreis. Die Zahlen auf die wir uns berufen, sind aus persönlichen Recherchen, Erfahrungswerte und Informationen, die wir von betroffenen Personen selbst oder aber über deren Angehörige erhalten haben.
Es gibt also keine umfassenden und genauen offiziellen Statistiken darüber, wie viele Strafgefangene in Österreich, Deutschland und dem Rest von Europa der LGBTQ+ Community angehören. In den meisten Fällen erheben die Justizbehörden solche Daten nicht systematisch, da sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität als persönliche Merkmale angesehen werden, die in der Regel nicht in Gefängnisstatistiken erfasst werden.
Einige Studien oder Berichte von Nichtregierungsorganisationen haben versucht, Einblicke in die Situation von LGBTQ+ Personen im Strafvollzug zu geben, indem sie qualitative Forschung betreiben oder spezifische Umfragen durchführen. Dabei wird oft festgestellt, dass LGBTQ+ Personen in Gefängnissen oft mit besonderen Herausforderungen konfrontiert sind, wie z.B. Diskriminierung, Gewalt oder fehlender Zugang zu spezifischen Gesundheitsdienstleistungen. Solche Berichte geben jedoch meist keine genauen Zahlen an.
In vielen Ländern gibt es zudem Sensibilisierungskampagnen und Bemühungen, um den Schutz von LGBTQ+ Personen in Gefängnissen zu verbessern, aber detaillierte statistische Erhebungen sind selten Teil dieser Initiativen.
Möglicherweise gibt es Forschungsprojekte oder Studien, die sich spezifisch mit der Situation von LGBTQ+ Personen in Gefängnissen in diesen Ländern befassen, aber auf nationaler Ebene fehlen verlässliche und systematische Zahlen.
Die drei Beispiele, die wir zu Beginn dieses Artikels angesprochen haben, sind brandaktuell, haben jedoch die Anstalten in Richtung Medien und Öffentlichkeit nie erreicht. Hier muss auch den betreffenden Anstalten und der Justiz selbst die Schuld zugewiesen werden, denn die betroffenen InsassInnen haben mehr Angst vor der Öffentlichkeit als vor neuen Repressalien innerhalb der Gefängnismauern.
Wir haben mit Vertretern der LGBTQ+ Community aus Justizanstalten und auch in Freiheit sowie deren sozialem Umfeld gesprochen um halbwegs einen Eindruck zu erlangen, wie es für eine Person dieser Community in Haft sein muss und wie deren soziales Umfeld damit umgeht.
Erschreckend an unseren Recherchen war, dass wir im Grunde genommen die Situation haben, dass sich in den letzten 30 Jahren so gut wie nichts verändert hat. Dazu ist anzumerken, dass bis vor nicht allzu langer Zeit Homosexualität in so gut wie allen Ländern Europas verboten war. Ich schreibe hier bewusst und absichtlich „Homosexualität“ anstatt von LGBTQ+, weil zur damaligen Zeit man sich im Grunde nur mit Homosexualität, nicht aber mit Neigungen, die darüber hinausgehen, beschäftigt hat.
Die rechtliche Situation in Österreich sah bis zum Jahr 1975 Homosexualität als strafbare Handlung an. In Deutschland sogar bis ins Jahr 1977. Endgültig aus dem StGB entfernt wurde der Paragraf allerdings erst im Jahr 1994! Allerdings gab es in Österreich spezielle Paragrafen, die bestimmte – sonst legale – Handlungen unter Strafe stellten, wenn sie von Angehörigen der LGBTQ+ Community getan wurden. Diese wurden erst im Jahr 2022 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Ein Vorgehen wie man es eher im Mittelalter bei den Hexenverbrennungen erwarten würde wo auch deutlich im „Maleus Melleciarum“ die Homosexualität als ein Zeichen von Hexen und Besessenheit erwähnt wird.
Aktuell ist in noch mindestens vier Ländern der Erde Homosexualität eine Straftat. Darunter Iran, Saudi-Arabien, Nigeria und Uganda. In Nigeria drohen Angehörigen der Community tatsächlich sogar die Todesstrafe.
Wir lebt man nun als Angehöriger der Community in einem österreichischen Gefängnis? Nun, offensichtlich werden Personen dieser Community teilweise schlechter behandelt als z.B. Drogenabhängige und Pädophile. Es kommt zwar nicht ganz so oft zu physischen übergriffen und Gewalt gegen LGBTQ+ Angehörige wie gegen Pädophile, jedoch deutlich öfter zu Mobbing, Verletzung des Ehrgefühls sowie öffentlichen Denunzierungen. Speziell der letzte Punkt ist für Viele enorm belastend. Vor allem dann, wenn sie kein „Outing“ hatten (blödes Wort, ich weiß) und mit ihren Neigungen doch lieber nicht an die Öffentlichkeit treten wollen.
Das ist nur z u verständlich, denn wer diskutiert schon gerne seine sexuellen Neigungen und Gelüste in der Öffentlichkeit. Das sind Dinge, die man am besten im Privaten mit seinem Partner teilt, aber nicht mit der ganzen Welt. Wenn da nun in einer derart komprimierten Umgebung wie einem Gefängnis derartige Details veröffentlich werden, so ist dies für die betreffende Person immer äußerst problematisch.
Welche Lösungsansätze gibt es? Im Grunde genommen aktuell keine. Weder in Österreich noch in anderen europäischen Ländern. Hier sind selbst die sonst so im Strafvollzug fortschrittlichen Länder im Norden Europas noch nicht weiter. Geeignete Pilotprojekte gab es, wurden jedoch alle wieder eingestellt, weil die Durchführung einen zu hohen Ressourcenaufwand benötigt hätte. Es gab vor einigen Jahren in Holland ein Pilotprojekt, wo man in Gesprächs- und Therapiegruppen auf diese Problematik eingegangen ist. Jedoch all diese Projekte haben einen entscheidenden Nachteil. Nämlich, sie behandeln die Thematik als Problem und nicht als das was es im Grunde genommen ist. Nämlich einfach eine menschliche Reaktion oder Neigung, die kein Problem sein darf!
ms
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